Der Landes-Caritasverband Bayern begrüßt und unterstützt den von Staatsministerin Müller anberaumten Austausch in einer Expertenrunde zu den freiheitsbeschränkenden und freiheitsentziehenden Maßnahmen bei Kindern und Jugendlichen mit einer geistigen oder einer Mehrfachbehinderung ausdrücklich und wird sich mit seiner Expertise an dem dazu einberufenen Arbeitskreis beteiligen. Landes-Caritasdirektor Piendl fordert eine sachlich fundierte und seriöse Auseinandersetzung mit diesem sensiblen Thema und wendet sich zugleich entschieden gegen eine teilweise sehr undifferenzierte öffentliche Berichterstattung.
Die Betreuung und Begleitung dieser Kinder und Jugendlichen ist nach Auffassung von Prälat Piendl eine der anspruchsvollsten Aufgaben, denen sich caritative Träger in Bayern stellen. In enger Abstimmung mit den betroffenen Familien müssen für das jeweilige Kind stets individuelle Wege zur Förderung und Betreuung gefunden werden. Die Einrichtungen haben hier fachlich fundierte Konzepte entwickelt. Einen besonders sensiblen Bereich stellen dabei die sogenannten freiheitsentziehenden oder freiheitsbeschränkenden Maßnahmen dar. Diese reichen von Fixierungen am Rollstuhl bis hin zur Betreuung in gesonderten Räumen und werden nur dann eingesetzt, wenn eine Eigen- oder Fremdgefährdung droht. Diese Maßnahmen waren zuletzt Thema mehrerer Medienberichte. Unabhängig von Vorwürfen, die selbstverständlich geprüft werden, entstand teilweise der Eindruck, die genannten Maßnahmen würden im großen Stil missbräuchlich als eine Art Strafmaßnahme oder als Ersatz für andere pädagogische Erfordernisse angewendet. Dies stellt die Einrichtungen und die hier tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unter einen Generalverdacht, der nicht gerechtfertigt ist und dem entschieden widersprochen werden muss. In diesem Zusammenhang bedauert Prälat Piendl, dass Medienvertreter nicht die Chance genutzt haben, sich vor Ort selbst ein Bild von den tatsächlichen Gegebenheiten zu machen und die Einladungen der betreffenden Einrichtungen nicht angenommen haben. Positiv ist aus seiner Sicht zu würdigen, dass die Berichterstattung einen Denk- und Diskussionsprozess angestoßen hat. Für ihn gehört dazu z. B. die Frage, ob die bisherige Form der Einwilligung der Eltern zu den besagten Maßnahmen neu gestaltet werden muss. Das ist für ihn ein wichtiger Auftrag für den durch das Sozialministerium eingerichteten Arbeitskreis, der seine Arbeit noch im April aufnehmen wird.
Hintergrund:
Die katholischen Träger von Einrichtungen und Diensten der Behindertenhilfe in Bayern haben sich als Landesarbeitsgemeinschaft "Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie" Bayern (LAG CBP Bayern) im Landes-Caritasverband zusammengeschlossen. Sie betreuen derzeit etwas mehr als 1000 Kinder- und Jugendliche mit Behinderung in heilpädagogischen Heimen und Internaten. Mit Ihren stationären und teilstationären Angeboten bieten die Einrichtungen der Caritas annähernd 40.000 Menschen mit Behinderung individuelle Unterstützung und Betreuung an.