"Wo ist nur die Zeit hingekommen?", fragt Christoph Beierl, 90, und blickt seine Ehefrau Margit Beierl, 94, an. Die beiden feiern an diesem Tag im Caritas Alten- und Pflegheim Prälat-Walter-Siegert-Haus in Vohenstrauß ihre Gnadenhochzeit: Sie sind seit 70 Jahren verheiratet. Kurz vor dem Fest ging es noch turbulent zu.
Das Ehepaar Beierl lebt nämlich eigentlich nicht im Caritashaus in Vohenstrauß, sondern im Caritas Alten- und Pflegeheim St. Martin in Neustadt an der Waldnaab. Doch dort hat es wenige Tage vor dem Ehejubiläum gebrannt. Niemand wurde verletzt, lediglich das Gebäude beschädigt. Das Ehepaar Beierl zog kurzfristig um, eben ins wenige Kilometer entfernte Vohenstrauß. Die beiden nehmen es mit Humor und stoßen mit einem Glas Sekt an. "Alte Liebe rostet nicht und der Teufel holt sie nicht", scherzt Christoph Beierl in die Runde. Es gratulieren die beiden Heimleiterinnen Stefanie Schricker (Neustadt/Waldnaab) und Rita Gilch (Vohenstrauß) sowie der Neustädter Bürgermeister Rupert Troppmann. Der noch amtierende bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer lässt ebenfalls seine Glückwünsche ausrichten und ein edles Teeservice überreichen.
Christoph und Margit Beierl, geborene Krombholz, heirateten am 6. Februar 1948 in der Josefskirche in Weiden. Er stammt aus Ottenrieth in der Oberpfalz, sie aus Josefsdorf im Sudetenland. Er wuchs mit zwölf Geschwistern auf und war "der Älteste, der Schönste und der Schüchternste". Er packte früh mit an, um die Großfamilie zu ernähren, half bei benachbarten Bauern mit und erhielt Kartoffeln als Lohn. Nach der Schule lernte er Bäcker und verdiente 20 Mark pro Woche. Später schulte er aus finanziellen Gründen zum Glasschleifer um.
Als sie heirateten war Christoph Beierl gerade aus britischer Kriegsgefangenschaft heimgekehrt, 20 Jahre jung. Sein Vater musste in die Hochzeit einwilligen, da der Sohn erst mit 21 volljährig wurde. Seine künftige Frau Margit war vier Jahre älter als er, arbeitete in einer Hosenfabrik und besaß eine kleine Schneiderei in Vohenstrauß. In diesem Dorf in der Oberpfalz lebte das frisch vermählte Paar für einige Jahre. 1953 zogen die Eheleute nach Neustadt an der Waldnaab, da sie dort besser bezahlte Anstellungen fanden.
Margit und Christoph Beierl bekamen einen gemeinsamen Sohn. Dieser starb vor vier Jahren. Es war der schwerste Schicksalsschlag ihrer Ehe. Dennoch verlor das Paar nie die Liebe zueinander - und nie den Humor dem Leben gegenüber.
Zusatzinfo: Fünf Tipps: So gelingt die Ehe
Wer sieben Jahrzehnte verheiratet ist, muss doch wissen, worauf es ankommt, damit die Ehe gelingt. Oder? Christoph Beierl verrät, was in seiner Ehe das Wichtigste ist:
- Der zauberhafte Anfang: Bei Christoph und Margit Beierl war es Liebe auf den ersten Blick. Das Ehepaar ist überzeugt: Wer anfangs keine Schmetterlinge im Bauch hat, wird auch nicht gemeinsam alt.
- Zufriedenheit: Wer immer meckert, macht auch den Partner traurig. Daher haben die Beierls ein Leben lang versucht, das Leben so zu nehmen wie es ist. Das machte die beiden mit sich und der Welt zufrieden - egal, was passierte.
- Kompromisse eingehen: In einer Ehe gibt es natürlich auch mal Streit. Halb so schlimm, sagt Christoph Beierl, solange beide bereit sind Kompromisse einzugehen. Mal müsse er nachgeben, mal sie.
- Verständnis für den Ehepartner: Auch wenn sich zwei Menschen lieben, bringen sie unterschiedliche Erfahrungen und Haltungen mit in die Ehe. Das führt zu Missverständnissen. Um diese zu überwinden, ist Empathie notwendig. Wer verheiratet ist, muss sich auch mal in den anderen einfühlen können. Das schafft Verständnis.
- Gemeinsame Interessen: Gefühle hin oder her, wer nichts mit sich anzufangen weiß, wird nicht glücklich. Daher hält besonders eines die Ehe der Beierls zusammen: gemeinsame Interessen.