Andreas Fischer, Küchenchef im Caritas Alten- und Pflegeheim St. Wolfgang in Essenbach, (Mitte) mit den beiden Mitarbeiterinnen in der Hauswirtschaft, Elisabeth (re.) und Gabriele Haslinger. burcom/ Regensburg
Mittags um zwölf Uhr im Speisesaal des Caritas Alten- und Pflegeheims St. Wolfgang in Essenbach: Koch Andreas Fischer verteilt Karottensuppe und gute Laune. "Heute gibt es drei Vorspeisen, Karotten-, Rüben- und Möhrensuppe", scherzt er und schöpft einer alten Dame etwas davon in ihren Teller. Es duftet und dampft und kleckert.
Andreas Fischer, 42 Jahre alt, verantwortet in St. Wolfgang die Heimverpflegung. Er ist der Herr des guten Geschmacks. Mit dem, was er tut, steigt und fällt die Stimmung in dem Caritashaus. "Das Essen hat im Altenheim höchsten Stellenwert", sagt der Heimleiter Peter Herzig. "Es geht um mehr als Sattwerden. Die Mahlzeiten strukturieren den Alltag und bringen die Bewohner an einen Tisch. Sie sind die Höhepunkte des Tages!"
Doch das Kochen für Pflegebedürftige birgt auch Herausforderungen, wie aus dem 13. Ernährungsbericht der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) hervorgeht. Darin heißt es: "Verantwortliche für die Verpflegung sind mit diversen Ernährungsproblemen der Pflegeheimbewohner konfrontiert. So sind Appetitlosigkeit oder Kau- und Schluckbeschwerden weitverbreitet und es besteht häufig ein Risiko für Mangelernährung." Die Qualität der Ernährung spiele in Heimen eine zentrale Rolle für Gesundheit und Wohlbefinden.
In Essenbach ist diese Qualität dank Andreas Fischer garantiert. Sein guter Ruf eilt weit über den Markt Essenbach hinaus. In St. Wolfgang kocht er mit seinem Team täglich rund einhundert Mahlzeiten. Zudem liefert er "Essen auf Rädern" und bietet einen offenen Mittagstisch für Senioren an. Grund genug, ihm einen Adventsbesuch abzustatten. Mit der Frage: Worauf kommt es an, damit alten Leuten das Essen schmeckt?
Eine Bewohnerin verlangt Nachschub von der Möhrensuppe - es schmeckt. Fischer, der in einer Großküche in der Gastronomie lernte, verachtet Päckchensuppe. "Das gibt es bei mir nicht. Nie!" Später wird er wie zum Beweis die Türen zu den Kühl- und Lagerräumen im Keller öffnen: Bis unter die Decke stehen dort Zehn-Liter-Pflanzenöl-Kanister, Tomatendosen in Eimergröße, kistenweise Kartoffeln, Äpfel, Gurken, Zwiebeln. Für die Karottensuppe hat er frisches Gemüse gekocht und püriert, Kraftbrühe dazugegeben, eine Prise Zucker und Rapsöl, "damit die Karotten ihre Vitamine entfalten". Manchmal garniert er seine Gerichte mit Kräutern aus dem hauseigenen Kneipp-Kräutergarten.
Diese Frische kommt an. Die Kunst beim Kochen für alte Menschen sei, viele Nährstoffe in kleinen Portionen unterzubringen. Mit dem Alter sinkt meist der Appetit, Geschmacks- und Geruchssinn werden schwächer. Daher seien auch Duft und Aussehen der Gerichte im Altenheim besonders wichtig.
"Fragen Sie ältere Menschen niemals, was sie essen möchten", rät der Heimkoch. Da würde man nur Schulterzucken oder Schweigen ernten. Fischer gehe da etwas listiger vor und frage: "Was haben Sie denn für Ihre Kinder gekocht?" oder "Was hat Ihnen früher am besten geschmeckt?" So findet er die Lieblingsgerichte der Heimbewohner heraus und weiß, dass die Stimmung steigt, wenn er Kaiserschmarrn, Bayerische Knödel oder Seelachsfilet serviert.
Gruß aus der Küche: Andreas Fischer garantiert im Caritas Alten- und Pflegeheim St. Wolfgang in Essenbach die gute Qualität der Ernährung. burcom/Regensburg
Manchmal fragt sich der Koch auch: "Was hätte meine Oma gekocht?" Seine Großmutter war es nämlich, die ihm die Liebe zum Kochen vermittelte. "Da durfte ich immer mitschnippeln oder was anbrutzeln", erzählt er. Seine Leibspeise damals war "Pasta Schutta" - heute ist Spaghetti Bolognese ein Klassiker in seinem Repertoire.
Als Heimkoch muss er auch die ärztlich verschriebenen Diäten der Bewohner beachten. Und es gibt häufig Extrawürstchen: Für Pflegebedürftige mit Schluckbeschwerden püriert er die Kost und lässt Kräuter weg, damit sie keinen Hustenreiz auslösen. Für Demenzkranke bereitet er Fingerfood zu, da viele von ihnen nicht mehr mit Messer und Gabel umgehen können.
Unterstützt wird Fischer von einem fleißigen Team, darunter die im ganzen Heim beliebten "Haslinger-Schwestern". Sie sind die "guten Geister des Hauses", sagt der Heimleiter. Die Mitarbeiterinnen in der Hauswirtschaft Elisabeth und Gabriele Haslinger, 52 und 54 Jahre alt, sorgen nicht nur für weiße Wäsche und blitzblanke Zimmer, sondern packen auch in der Küche mit an. In der Adventszeit buken sie eine Woche lang täglich zehn Bleche Plätzchen, Spritzgebäck, Vanillekipferl, Spitzbuben. Der Weihnachtsduft zog durch jede Ritze des Hauses.
Wenn die Haslinger-Schwestern davon erzählen, ist schwer zu sagen, welche der beiden begeisterter ist. Und ihr Küchenchef steht ihnen da in nichts nach. Auf die Frage, weshalb er Koch wurde, sagt er: "Entweder man ist Koch - oder man ist keiner. Das ist kein Beruf, sondern eine Berufung."
Diese Berufung lebt er besonders gern an Festtagen aus. Kürzlich hat er seinen Bewohnern das Adventsmenü (Bilder des Menüs auf Instagram caritas.regensburg) kredenzt: vorweg eine Kerbelsamtsuppe mit Kartoffelstroh, als Hauptgang eine Kalbsroulade auf Bandnudelnest an Portweinsauce, zum Nachtisch die Dessertkreation "St. Wolfgang", ein Lebkuchenmousse im Waffelhörnchen, und zum Ausklang einen Holunder-Orangenpunsch. Gute Pflege geht eben durch den Magen.