Die Glücksspiel-Branche in Deutschland boomt: 2019 wurden alleine durch Sportwetten mehr als 9 Milliarden Euro Umsatz erzielt. Dabei sind bisher die wenigsten Angebote legal, lediglich geduldet. Durch den neuen Staatsvertrag will die Regierung das Glücksspiel künftig in geordnete, kontrollierbare Bahnen lenken und für mehr Spielerschutz sorgen.
Der ist dringend notwendig, denn die Glücksspielindustrie erwirtschaftet einen großen Teil ihres Gewinns auf Kosten glücksspielsüchtiger Personen. Alleine in Bayern geht die Landesstelle für Glücksspielsucht von etwa 33.000 pathologischen Spielern aus; hinzu kommen circa 35.000 Menschen mit problematischem Glücksspielverhalten.
Die Experten der Caritas Fachambulanz für Suchtprobleme in Weiden sehen die Öffnung des Online-Marktes kritisch. "Es entstehen neue Spielanreize und Suchtgefahren", so Vanessa De Luca. Sie befürchtet, dass die Legalisierung von Sportwetten und Online-Glücksspiel die ohnehin wachsende Zahl der Spielsüchtigen weiter steigen lässt. "Hinzu kommt die verstärkte Werbung, die insbesondere bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen schwerwiegende Folgen haben kann."
Durch die starke Online-Präsenz vieler Spieler setzt die Fachambulanz Weiden auch auf digitale Angebote wie die Beratungsplattform Play Change. "Via Smartphone oder PC sind wir Berater schnell, kostenfrei und vor allem sicher erreichbar. Außerdem bleiben unsere Gesprächspartner auf Wunsch vollständig anonym", so De Luca.
Angesichts der aktuellen Gesundheitslage bietet die Online-Beratung zusätzliche Sicherheit. Ziel der Caritas ist es, das Beratungsangebot trotz Kontakteinschränkungen mit verschiedenen Angeboten durchgehend aufrecht zu erhalten. "Neben der Online-Beratung bieten wir zum Beispiel auch eine Offene Telefonsprechstunde an", sagt Michaela Lang, die Leiterin der Beratungsstelle. "Besonders für zwanglose Erstgespräche eignet sich das Format sehr gut, da niemand viel von sich preisgeben muss. Daneben können selbstverständlich auch Angehörige das Angebot nutzen; sie sind schließlich ebenfalls von der Sucht und deren Folgen betroffen."
So meldete sich unter anderem ein Familienvater. Durch das ständige Spielen hatte er hohe Schulden, verlor seine Arbeit, weil er wegen der Zockerei häufig fehlte. Seine Familie überzeugte ihn, nur einmal anzurufen: "Dann könnte man ja sehen, wie es weitergeht." Nach mehreren Telefonaten kam der Klient zu einem ersten persönlichem Gespräch in die Beratungsstellen; durch die Gespräche wuchs in ihm das Bewusstsein, "dass sich etwas ändern müsse". Mittlerweile kommt er regelmäßig zur Caritas; Einzeltermine sind mit Schutzmaßnahmen wie Mund-Nasen-Bedeckung sowie ausreichend Abstand weiterhin möglich. Für De Luca und ihre Kollegen sind die persönlichen Termine trotz Corona unabdingbar: "Für Menschen in Not sind die kontinuierlichen Beratungen eine wichtige Stütze, um ihren Weg zu finden. Wir wollen für sie da sein."
Zusatzinformationen:
Die Offene Telefonsprechstunde bietet Hilfe für Menschen mit Glücksspiel- und anderen Suchtproblemen. Sie findet jeden Dienstag von 9 bis 11.30 Uhr und jeden Donnerstag von 13.30 bis 16 Uhr statt. Die Berater stehen in dieser Zeit unter Telefon 0961 / 39 89 01 50 für Beratungsgespräche ohne Voranmeldung zur Verfügung.
PlayChange ist ein kostenloses Angebot der Landesstelle Glücksspielsucht in Bayern und kann am PC oder am Smartphone genutzt werden. Weitere Informationen finden Sie unter http://www.caritas-suchtambulanz-weiden.de.