Mit den aktuellen Impfstoffen stehen in Deutschland inzwischen drei wirksame Mittel im Kampf gegen die Corona-Pandemie zur Verfügung. Fest steht: Je mehr sich impfen lassen, desto weniger kann Covid-19 sich noch ausbreiten. Dennoch: Während die Impfbereitschaft stetig zunimmt, gibt es Vorbehalte. Die Angst vor Nebenwirkungen oder unerwünschten Langzeitfolgen ist nach wie vor vorhanden, andere verweisen auf die mehrheitlich eher leichten Verläufe einer Erkrankung und möchten einen körperlichen Eingriff, den eine Impfung zweifellos darstellt, vermeiden.
Das Risiko, bei einer Covid-19-Infektion schwer zu erkranken, steigt mit dem Alter an. Davor schützt eine Impfung. Sie bietet den derzeit bestmöglichen Schutz vor Erkrankung und den damit verbundenen möglichen Folgen. Gleichzeitig mehren sich Hinweise, dass Geimpfte auch andere nicht mehr anstecken können. Man schützt so also nicht nur sich, sondern auch seinen Nächsten. Ist eine Impfung somit auch eine Frage der Verpflichtung zum Gemeinwohl?
Der Regensburger Moraltheologe Rupert Scheule spricht in einem Beitrag für die Mitarbeitenden der Caritas im Bistum Regensburg hier von einer Gewissensentscheidung und empfiehlt zunächst, sich aus seriösen Quellen zu informieren. Im Wort Gewissen, so Scheule, stecke nicht zufällig das Wort Wissen. Ohne das Wissen, das uns verfügbar ist und zu dem wir Zugang haben, werde es keine gute Gewissensentscheidung geben.
Zu ethischen Fragen rund um die Corona-Impfungen hat die von Papst Franziskus ins Leben gerufene Vatikanische Corona-Sonderkommission zusammen mit der Päpstlichen Akademie für das Leben einen 20-Punkte-Plan vorgelegt.(1) Demnach sei es wichtig, sofort die Maßnahmen zu ergreifen, die notwendig sind, um auf die Pandemie zu reagieren. Dazu gehört auch die Corona-Schutzimpfung. Die neuen Impfstoffe müssten deshalb für alle verfügbar sein. In ähnlicher Weise hatte sich bereits die Vatikanische Glaubenskongregation geäußert.(2) Sich impfen zu lassen sei "in sich keine moralische Verpflichtung", allerdings sei die Impfung angezeigt "zum Schutz der Schwächsten und Exponiertesten, wenn es keine anderen Mittel gibt, die Epidemie zu stoppen."
Die aktuellen Corona-Impfstoffe seien auch moralisch vertretbar. Damit reagiert das Papier wie schon zuvor die Stellungnahme der Vatikanischen Glaubenskongregation auf Bedenken hinsichtlich der Entwicklungsgeschichte von bestimmten Impfstoffen gegen Viruserkrankungen, deren Zelllinien unter anderem auf menschlichem fetalem Gewebe beruhen. Diese Impfstoffe sollten angesichts einer ernsten Gefahr, wie der einer anders nicht aufzuhaltenden Verbreitung eines Krankheitserregers, eingesetzt werden.
Die Corona-Impfung ist freiwillig und muss freiwillig bleiben. Als Richtschnur für die Gewissensentscheidung für oder gegen eine Impfung gelten persönliche Maßstäbe ebenso wie die des Gemeinwohls.
Jedwede Entscheidung steht aber immer im Gesamtzusammenhang der allgemeinen Gesundheitsvorsorge. Das Vatikan-Papier betont die Notwendigkeit, auf diesen Zusammenhang ausdrücklich aufmerksam zu machen. Wer sich mit einer Impfung vor einer Covid-19-Erkrankung schützen kann, schützt damit auch jene, denen diese Möglichkeit versagt ist. Wer sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen kann, ist auf die Impfbereitschaft der vielen anderen angewiesen. Wer eine Impfung ablehnt und deshalb an Covid-19 erkrankt, nimmt dem Gesundheitssystem Ressourcen. Eine wachsende Zahl von Erkrankten schließlich könne zu einer Überlastung bis hin zum Kollaps von Gesundheitssystemen führen, wie Beispiele gezeigt haben.
Wir hoffen, dass in absehbarer Zeit sichere Impfstoffe in ausreichender Anzahl zur Verfügung stehen. Der Impfschutz der Bevölkerung ist derzeit der einzige Weg, der aus der Pandemie hinausführt.
(1) Note of the Vatican Covid-19 Commission in collaboration with the Pontifical Academy for Life "Vaccine for all. 20 points for a fairer and healthier world”
(2) Note on the morality of using some anti-Covid-19 vaccines (21 December 2020)