Mit seinem gewinnenden Lächeln und seinem offenen und freundlichen Wesen ist Zacharias bei allen Bewohnern des Caritas Alten- und Pflegeheims St. Vinzenz sehr beliebt.PNP/Süß
Es gibt Kaiserschmarrn mit Apfelkompott zum Mittagessen. Max Bergbauer spießt gerade eine Gabel voll auf, da kommt Zacharias in den Speiseraum. Er geht auf Max Bergbauer zu: "Wie geht es Ihnen heute?", fragt er. Bergbauer strahlt: "Gut und wie geht es dir?" Er mag den groß gewachsenen Somalier, der seit Februar im Alten- und Pflegeheim St. Vinzenz ein Praktikum macht.
"Unsere Bewohner lieben Zacharias", weiß Heimleiterin Sieglinde Schröck. Kein Wunder: Zacharias hat ein gewinnendes Lächeln und geht offen und freundlich auf die Menschen zu. Der 19-jährige Somalier hatte als Kind ein großes Ziel: Er wollte Arzt werden. Doch er musste aus seiner Heimat fliehen, landete schließlich in Landau und versucht jetzt, mit seinem Praktikum im Alten- und Pflegeheim seinem Traum ein Stückchen näher zu kommen.
"Ich war immer sehr gut in der Schule", erzählt der 19-Jährige. Doch seine Familie gehört einem der kleineren Clans in Somalia an und die Mitglieder der großen Clans sahen es gar nicht gern, dass Zacharias auf eine höhere Schule ging und dafür seine Heimatstadt verließ. Das ließen sie an seiner Familie aus: Als Zacharias 17 war, wurde sein Bruder von Clan-Mitgliedern erschossen, seine Schwester vergewaltigt, seine Eltern wurden geschlagen.
"Ich hätte nicht gedacht, dass ich meiner Familie solche Probleme bereite", sagt er heute. Weil er für sich selber keine Zukunft mehr in der Heimat sah, ergriff er die Flucht. Zu Fuß und in Schleuserautos durchquerte er insgesamt 13 Länder, ehe er am 12. Februar 2015 nach Deutschland gelangte. In Passau wurde er zunächst aufgenommen, kam dann nach Landau, später nach Bad Birnbach, dann wieder nach Landau. Hier lebt er jetzt im Schwesternwohnheim, wo er sich ein Zimmer mit einem Kumpel teilt.
Seine Vergangenheit belastet ihn, sagt er. "Ich habe große Probleme, zu schlafen", erzählt er freimütig und auch, dass ihm ein Arzt Schlaftabletten verschrieben hat. Dennoch gebe es Tage, an denen ihm Schule und Praktikum zu viel seien. "Ich muss so viel lernen." Im Parkwohnstift in Arnstorf, wo ein Teil seiner Ausbildung stattfindet, besucht er mit zwölf weiteren Schülern den Unterricht. "Ich bin jetzt seit zwei Jahren hier in Deutschland. Aber deutsche Sprache ist schwer, vor allem die Grammatik. Die Artikel verwechsle ich ständig", sagt er. An der Mittelschule in Landau, später in Bad Birnbach hat er Deutschkurse gemacht, an der Hans-Glas-Schule in Dingolfing hat er sogar einen Abschluss bekommen, der vergleichbar mit dem deutschen Hauptschulabschluss sei. Seine Muttersprache ist Somalisch, außerdem hat er in der Schule Englisch gelernt. "Und in Deutschland habe ich Arabisch gelernt - viele meiner Freunde hier kommen aus arabischen Ländern", erzählt Zacharias.
Seine Ausbildung macht ihm Spaß. "Wir lernen, Respekt zu haben vor alten Menschen." Der Wunsch, anderen Menschen zu helfen, sei bei ihm während seiner Flucht immer größer geworden. "Ich bin durch so viele Länder gegangen, wo keiner dem anderen helfen wollte. Hier in Deutschland gibt es so viele, die helfen, ohne etwas dafür zu bekommen", bewundert er: "Das vergesse ich nie." Auch im Team des Alten- und Pflegeheims in Wallersdorf habe er viele hilfsbereite Menschen getroffen. "Sie erklären mir, was ich in der Schule nicht verstanden habe, sie zeigen mir alles und helfen mir bei allem", lobt er seine Kollegen.
"Ich lerne hier deutsche Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit", sagt Zacharias. Ganz klappt es damit noch nicht, erklärt Sieglinde Schröck. Schuld daran ist unter anderem seine Wohnsituation: Er teilt sich ein Zimmer im Schwesternwohnheim mit einem Kumpel - und der feiere oft die Nächte durch, so dass Zacharias nicht schlafen kann und deshalb schon mal krank zu Hause bleibt.
Doch Sieglinde Schröck will nichts Negatives über den 19-Jährigen sagen. Denn die Bewohner des Altenheims seien glücklich, ihn zu haben. "Wenn er morgens zum Waschen kommt, sind unsere Bewohner gleich gut aufgelegt", erzählt die Heimleiterin. Und Zacharias macht seine Arbeit gern, sagt er: Er hilft beim Esseneingeben, bei der Thromboseprophylaxe, bei Übungen und Gymnastik. Seit Februar absolviert Zacharias sein Praktikum in der Wallersdorfer Einrichtung, nachdem er zuvor in einem Heim in Landau und im Krankenhaus war. Sein großes Ziel ist es, nach diesem Praktikum die dreijährige Ausbildung zum Pfleger zu beginnen. "Vielleicht bleibe ich dann hier in Deutschland, vielleicht kann ich aber auch wieder zurück nach Hause und dort Arzt werden."
– PNP/Süß –