„Nähe ist keine Frage der Entfernung“, sagen Monika Kortus (links), Sabine Bäuml und Johannes Bacher von der Schuldner- und Insolvenzberatung der Caritas.Caritas Regensburg/Theresa Hilz
Soeben betritt eine Frau das Büro der Schuldnerberatung der Caritas in der Von-der-Tann-Straße in Regensburg. Sie hat ihren Job verloren. Der Grund: die Auswirkungen der Pandemie. Das ist kein Einzelfall, sagen die Beraterinnen und Berater der Sozialen Beratung der Caritas. Die Betroffene kann inzwischen ihre monatlichen Verbindlichkeiten nicht mehr bezahlen, sie sieht keinen Ausweg aus ihrer finanziellen Not. "Es geht hier um Schicksale. Zu oft sieht unsere Gesellschaft nur den Schuldner, aber nicht den Menschen hinter den Schulden", sagt Monika Kortus von der Sozialen Schuldner- und Insolvenzberatung der Caritas.
Der Mensch im Mittelpunkt der Aktionswoche
Die Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung der Verbände (AG SBV) hat den Schwerpunkt der Aktionswoche Schuldnerberatung 2021, die vom 7. - 11. Juni 2021 stattfindet, unter das Motto "Der Mensch hinter den Schulden" gestellt. Gerade die Krise habe viele Menschen plötzlich vor finanzielle Probleme gestellt, die sie bis dato nicht kannten, sagt Kortus. Schreiben von Gläubigern, Inkassounternehmen oder gar vom Gericht waren ihnen bisher fremd und schüren Ängste. Es zeige sich, dass Ratsuchende eine Begleitung und Unterstützung suchen, die sich Zeit nimmt für sie, ihnen Mut macht, die ihnen die Schreiben erklärt und Perspektiven aufzeigt. "Wir entwickeln gemeinsam mit unseren Klienten Lösungen und begleiten sie auf diesem Lösungsweg."
Rechte der Kinder stärken
Die Arbeitsgemeinschaft wendet sich in diesem Jahr mit ihrem Forderungspapier vor allem an die Politik. Kinder, die in Armut aufwachsen, sind dem Papier zufolge trotz einer Vielzahl familienpolitischer Leistungen keine Seltenheit. Die AG SBV fordert daher eine konsistente Gesamtstrategie: Dazu zählen eine bedarfsgerechte Ermittlung und Bestimmung des Existenzminimums und die Anpassung der Regelsätze im Sozialgesetzbuch II für Kinder und Familien, um ihnen mehr soziale Teilhabe zu ermöglichen.Auch die Forschung solle ausgebaut werden. So müsse man die Auswirkungen von Überschuldung auf das Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen wissenschaftlich untersuchen. "Wir sehen in unserem Alltag als Berater, was finanzielle Sorgen und Anspannung im häuslichen Umfeld mit den Kindern machen", so Kortus. Dabei seien vor allem Kinder nicht für die Schulden der Familie verantwortlich.
Löschung von negativen Einträgen in Auskunfteien
Im Mittelpunkt des Forderungspapiers steht auch die Löschung von negativen Merkmalen bei Auskunfteien. "Wir bedauern sehr, dass die im Gesetzentwurf zur Verbraucherinsolvenz geplante Verkürzung der Speicherdauer der Erteilung der Restschulbefreiung nicht von drei auf ein Jahr verkürzt wurde", so die Verantwortlichen des Themenpapiers. Gerade hinsichtlich der Corona-Krise wäre dies ein gerechtes Zeichen. "Eine negative SCHUFA-Auskunft erschwert den Neustart von Menschen, die in finanzielle Schieflage geraten sind, auch nach der Pandemie", sagt Kortus. Deshalb fordert die bundesweite Arbeitsgemeinschaft die sofortige Löschung von erledigten Forderungen oder mindestens eine Verkürzung der Speicherdauer der Einträge. Wie wichtig diese Forderung ist, zeigt sich auch in Regensburg: "Die angespannte Lage am Wohnungsmarkt und zum Teil horrende Mieten sorgen bei vielen Menschen dafür, dass sie mit SCHUFA-Einträgen keine Chancen auf Wohnraum haben", so Kortus. Doch Wohnen sei ein Grundbedürfnis und nicht etwa Luxus, so Kortus weiter.
Schuldnerberatung auch online
Um den Menschen den Zugang zur Schuldner- und Insolvenzberatung in Regensburg zu erleichtern, bietet die Caritas ihre Beratung auch online an. "Das sorgt für einen niedrigschwelligen Zugang zur Beratung. Man darf nicht vergessen, dass Schulden in unserer Gesellschaft häufig schambehaftet sind. Wir wollen damit Ratsuchenden zeigen, dass Nähe zu ihnen auch in der Pandemie keine Frage der Entfernung ist. Wir sind für sie da!", so die Diplom-Pädagogin.
Zusatzinformation:
Die Schuldnerberatung des Caritasverbandes in Regensburg ist per Telefon 0941/502 11 14 oder online unter https://www.caritas.de/hilfeundberatung/onlineberatung/schuldnerberatung zu erreichen.