Die drei aneinander gereihten Agilis-Züge sind startklar. Die "Deigner Musi" macht Stimmung. Der Sonnenzug der Caritas Regensburg fuhr in diesem Jahr mit knapp 400 Teilnehmer nach Ansbach, wo die Regierung Mittelfrankens ihren Sitz hat.
Auch die Malteser Jugend ist jedes Jahr gut vertreten; hier mit Caritasdirektor Batz.Caritas Regensburg/Weigl
Zum 48. Mal organisierte die Caritas Regenburg diese Urlaubsfahrt für alte und junge Menschen, die gehandicapt sind, Betreuung und Hilfe brauchen, oder sich eine solche Fahrt sonst nicht leisten könnten. Pünktlich um 8.05 Uhr setzte sich der Zug in Bewegung. Zuvor gab es noch das obligatorische Verabschiedungsfoto. Regensburgs Oberbürgermeister Joachim Wolbergs und Landrätin Tanja Schweiger gaben den Ausflüglern persönlich gute Wünsche mit auf den Weg. "Diese Fahrt ist einfach immer toll durchorganisiert, die Leute sind begeistert, wir fühlen uns den ganzen Tag gut aufgehoben", sagt Edeltraud Zenger.
Die Zwillinge Inge und Edeltraud sind frohe Gäste beim Sonnenzug.Caritas Regensburg/Weigl
Mit dabei hat sie wieder ihre ältere Zwillingsschwester Inge Lutz. Beide sind sie 81 Jahre alt. Inge ist aber die ältere, um 15 Minuten. "Das sieht man doch, oder?", scherzt die 76-jährige Theresia Beier, die Dritte im Bunde. Die Zwillingsschwestern sind bestimmt schon mehr als zehnmal mit dem Sonnenzug gefahren. Aufgewachsen in Aschaffenburg, kamen sie nach dem Krieg mit ihren Eltern über Amberg nach Regensburg. Edeltraud lebt heute in Kallmünz und engagiert sich seit Jahrzehnten in der dortigen Pfarrei für die Senioren. 14 ältere Damen und Herren aus dem Seniorenkreis hat sie heute im Schlepptau. Den Bus für die morgendliche Anreise nach Regensburg zum Bahnhof organisierte sie über die Pfarrgemeinde. Schwester Inge lebt in Regensburg und hält dort seit vielen Jahren die Pfarrbibliothek von St. Anton in Schuss. "Meine Schwester, die Edeltraud, hat bereits das Bundesverdienstkreuz bekommen", ergänzt Inge stolz. Seit dem Ausscheiden aus dem Schuldienst ist die frühere Fachlehrerin und ehrenamtliche Hospizhelferin Edeltraud "Mädchen für alles". Und dazu gehört eben auch der Sonnenzug. "Da müssen wir schon mit", sagen die beiden. Da gebe es so viele tolle Helfer, der Service der Caritas sei einfach wunderbar. "Wir sehen manche aus unserer Gruppe den ganzen Tag nicht, sie sind mit den Helfern unterwegs", sagt Edeltraud.
Die gesamte Sonnenzug-Familie gratulierte Hildegard Anke nochmal nachträglich zum 95. Geburtstag; hier mit Brigitte Weißmann und Direktor Batz. Caritas Regensburg/Weigl
100 ehrenamtliche Helfer
Viele Sonnenzügler werden bereits seit den frühen Morgenstunden auf ihrem Weg nach Regensburg von Maltesern begleitet. Die Gäste reisen aus dem Großraum Regensburg, Kelheim und Cham an. 100 Ehrenamtliche von Caritas und Malteser sorgen den ganzen Tag über für die Logistik und greifen sprichwörtlich unter die Arme. Sie packen an, wo es nötig ist und sorgen dafür, dass alle Gäste, darunter die 38 Rollstuhlfahrer, mobil sind. Eine, die von Anfang an als Helferin dabei ist, ist die frühere Regensburger Bürgermeisterin Hildegard Anke. Sie durfte vor wenigen Tagen ihren 95. Geburtstag feiern. Natürlich gratulierte die Sonnenzugfamilie mit einem Ständchen aus 400 Kehlen. Ein Team aus drei Ärzten sorgte für die Sicherheit und ist immer einsatzbereit. "Wir hatten keinen einzigen Notfall zu beklagen, nur drei kleinere Wehwechen", resümiert Dr. Rainer Tichy, früherer Chefarzt, Notarzt und Diözesanleiter des Malteser Hilfsdienstes.
Die Botschaft Jesu richtet auf
In der voll besetzten Ludwigskirche feierten alle Teilnehmer die heilige Messe. Caritas Regensburg/Weigl
Die Stadt Ansbach hat etwa 40 000 Einwohner. Nur ein Drittel davon ist katholisch. Wenige Meter vom Bahnhof entfernt grüßt bereits der Turm der katholischen Pfarrkirche St. Ludwig. Der dortige Pfarrer und Bamberger Domkapitular Hans Kern begrüßte die Ausflügler aus Regensburg herzlich und erklärte vor der gemeinsamen Messe seine Kirche. Die "Saalkirche" wurde in den Jahren 1834 bis 1840 erbaut, nach Plänen von Leonhard Schmidtner. Er folgte dem Stil des Münchner Klassizismus. Und die Sonnenzügler füllten nun die Kirche bis auf den letzten Platz. Die gemeinsame Messe mit dem Caritasdirektor gehört freilich zum Sonnenzug. "Sprache ist etwas Wunderbares, sie dient der Verständigung und des gegenseitigen Verstehens", sagte Regensburgs Diözesan-Caritasdirektor Dr. Roland Batz in seiner Predigt. Gott selber habe zu uns Klartext gesprochen. Sein Wort ist in Jesus Christus Fleisch geworden, der uns zur Gemeinschaft ruft. Genau deshalb organisiere die Caritas jedes Jahr diese Ausflugsfahrt. "Das menschgewordene Wort Gottes lässt uns nicht zur Gemütlichkeit und Gleichgültigkeit übergehen", so Batz weiter. Die Botschaft Jesu möchte uns heilen, aufrichten, ermutigen, Leben wecken und Frieden stiften. Dass wir dem Nächsten nicht gleichgültig gegenüberstehen, beweise auch der Sonnenzug. "Wir dürfen dankbar sein für diese Solidarität und das gelebte Miteinander", sagte Batz. Er nutzte die gute Gelegenheit, gleich allen Helferinnen und Helfern und dem gesamten Organisationsteam herzlich für ihre Arbeit zu danken.
Die Helfer sind den ganzen Tag an der Seite der Gäste. Caritas Regensburg/Weigl
Logistische Meisterleistung
Nach der Messe in der Pfarrkirche ging es zu Fuß in die prächtige Orangerie der Ansbacher Residenz. Dort schmeckten das Kräuterrahmsüppchen, Salat und Schweinebraten. Das "Sonnenzug-Quintett" sorgte für die musikalische Begleitung. Nach Kaffee und Kuchen war es jedem überlassen, seinen Aufenthalt zu gestalten. Angeboten wurden Führungen durch die Residenz, im Hofgarten oder im Kräutergarten. Trotz des einsetzenden Regens blickte Sonnenzug-Chefin Brigitte Weißmann aber in zufriedene und fröhliche Gesichter. Um nichts anderes geht es nämlich an diesem Tag. "Unseren Gästen soll es an nichts fehlen. Und wenn heute neue Bekanntschaften, vielleicht sogar Freundschaften entstehen, dann haben wir alles richtig gemacht", sagte sie. Zusammen mit ihrem Team arbeitet sie seit Monaten für diese Caritas-Aktion. Von früh morgens bis spät abends müssen die organisatorischen Rädchen ineinander greifen. Mehr als 1000 Liter Getränke, mehr als 900 Wurstsemmeln und mehrere Rollstühle wurden beispielsweise an Bord des Zuges geschafft.
Caritasdirektor Dr. Roland Batz begrüßt jeden Sonnenzügler persönlich, natürlich auch Manuel. Caritas Regensburg/Weigl
Die meisten Gäste und Helfer sind seit mehreren Jahren mit dabei. Auch Manuel, der am Heiligen Abend 27 Jahre alt wird und wochentags in den Obertraublinger Werkstätten der Lebenshilfe arbeitet. "Ich bin nächstes Jahr wieder dabei", sagt er und strahlt dabei übers ganze Gesicht. Und auch die Zwillingsschwestern fahren wieder mit. Den Tag heute beschließen sie aber mit Fußball im Fernsehen. Sie fiebern mit der Deutschen Mannschaft im EM-Spiel gegen Italien. "Wir werden gewinnen und bei jedem Tor für uns gibt’s einen Schnaps", sagt Inge. Denn genauso hat es ihr Mann früher immer gemacht. Das war dann wohl ein lustiger Abschluss eines gelungenen Tages.
Zusatz-Info:
Im Bistum Regensburg werden jährlich vier Sonnenzüge veranstaltet. Auch die Caritasverbände in Deggendorf, Dingolfing, Straubing und Weiden organisieren zum Teil gemeinsam solche Ausflugsfahrten für ältere und behinderte Menschen. Informationen zum Sonnenzug und viele Bilder dazu finden Sie auf www.caritas-regensburg.de/sonnenzug