(v.l.n.r.): Caritasdirektor Michael Weißmann, Domkapitular Dr. Roland Batz, Dr. Alexandra Liedl, Stefan Wagner, Mohammad Imram Sagir und Moderator Dr. Stefan Gerhardinger.Caritas Regensburg/Weigl
Immer häufiger kommen Menschen aus unterschiedlichen Kulturen und Religionen in die Beratungsstellen von Kirche und Caritas. Sie stellen die Beraterinnen und Berater im Hinblick auf die Herangehensweise und die Methoden vor ganz neue Herausforderungen. Beim Beratertag 2018 im Regensburger Marinaforum beschäftigten sich kürzlich 200 Beraterinnen und Berater mit diesem Phänomen und den sich daraus ergebenden Konsequenzen. Der Beratertag wurde gemeinsam veranstaltet von Caritas, Katholischer Jugendfürsorge und Bistum Regensburg.
Guter Rat ist teuer! Sich in den Beratungsstellen von Kirche und Caritas einen Rat zu holen, kostet in der Regel nichts und ist für die allermeisten Klienten wertvoll. "In vielen Beratungsstellen hat der Anteil ausländischer Mitbürgerinnen und Mitbürger stark zugenommen. Gerade vor diesem Hintergrund ist Inklusion und Integration auch in der konkreten Beratung nicht nur eine gesamtgesellschaftliche, sondern gerade auch verbandliche Aufgabe", sagte Domkapitular Dr. Roland Batz, Vorsitzender der Diözesan-Arbeitsgemeinschaft Beratung im Bistum Regensburg. Der letzte Beratertag ist einige Jahre her. Nun wurde diese Art von Kongress wieder ins Leben gerufen. Der Beratertag ist eine Plattform, wo sich professionelle kirchliche Beratungsdienste austauschen und voneinander lernen können. "Unsere Beratungsleistungen müssen so gestaltet sein, dass Migrantinnen und Migranten sich entsprechend ihrer Handlungs- und Orientierungsmuster angenommen fühlen und dadurch die Voraussetzung geschaffen ist, das Anliegen ohne Reibungsverluste und größerer Missverständnisse vorzubringen", so Batz. Viele Faktoren beeinflussen die Beratungsarbeit. Da sind zum einen unterschiedliche Lebensbezüge, Erfahrungen und biographischen Hintergründe. Da gibt es zum anderen aber auch mal Schwierigkeiten mit der Verschiedenheit der Klientinnen und Klienten. Aus den unterschiedlichsten Gründen kommen Asylsuchende, Flüchtlinge oder Migranten in die Beratung. Mit dabei haben sie nicht selten mehrere Problemlagen gleichzeitig. Psychische Probleme und Störungen, Suchtproblematik bis hin zu schweren Traumatisierungen sind häufig thematisierte und dringend zu versorgende Probleme. "All das erfordert von den Beraterinnen und Beratern hohe Kompetenz und ein besonderes Know-how", sagte Domkapitular Batz.
Der Beratertag lässt auch Raum für fachlichen und persönlichen Austausch.Caritas Regensburg/Weigl
In Vorträgen und Workshops vertieften die 200 Teilnehmer dieses Thema. Klar war auch: Selbstverständlich ist interkulturelle Öffnung nicht mit einer einmaligen Aktion zu erreichen. Es geht dabei um einen fortwährenden Prozess, in dem die Beratungspraxis immer wieder reflektiert werden muss. "Der Beratertag kann da nur einen Impuls setzen", sagte Diözesan-Caritasdirektor Michael Weißmann.
Dr. Alexandra Liedl, psychologische Psychotherapeutin bei Refugio München, sprach in ihrem Vortrag über sozialpsychologische Aspekte in der Arbeit mit traumatisierten Geflüchteten. Menschen mit Fluchterfahrung leiden neben den Folgen traumatischer Ereignisse, die sie im Heimatland oder auf der Flucht erlebt haben, vor allem auch unter den oft schwierigen Lebensbedingungen im Exilland. Schwierige Wohnverhältnisse, mangelnde Arbeitsmöglichkeiten, kulturelle Herausforderungen und das Asylverfahren an sich belasten die Geflüchteten.
Stefan Wagner vom Landes-Caritasverband Bayern erläuterte aktuelle Herausforderungen und Entwicklungen in der Asyl- und Migrationsarbeit. Die Migrationsdebatte stehe derzeit im Spannungsfeld von Wahlpolitik, fachlichen Anforderungen und Zahlen, Daten und Fakten. Die Anforderungen an die Beratung habe sich nicht zuletzt durch die neue Beratungsrichtlinie in den letzten Jahren massiv verändert. Im Vorfeld der Landtagswahl setzte Wagner Zahlen, Daten und Fakten aus der Migrationsdebatte ins Verhältnis zu den wahlpolitischen Plänen.
Der Berliner Mohammad Imram Sagir ist Diplom-Betriebswirt, Kommunikations- und Verhaltenstrainer, Anti-Gewalt- und Kompetenztrainer. Er ist Geschäftsführer des "Muslimischen SeelsorgeTelefons" (MuTes). Es wurde in Kooperation mit der durch Caritas und Diakonie organisierten kirchlichen Telefonseelsorge aufgebaut. Die Bereitschaft zur interreligiösen und interkulturellen Kooperation sei dabei nicht nur wichtig, sondern essenziell, sagte er. "Der Wille, mit Andersgläubigen zusammenzuarbeiten, ist für uns ein natürliches und entscheidendes Auswahlkriterium für die Ausbildung und spätere Mitarbeit bei MuTes", sagte er.
Beraterinnen und Berater aus den unterschiedlichsten Fachrichtungen kamen in Marinaforum, um sich auszutauschen und fortzubilden.Caritas Regensburg/Weigl
Die Teilnehmer am diözesanen Beratertag kamen aus den verschiedenen kirchlichen Beratungsdiensten. Dazu gehören die Dienste der Caritasverbände (wie z.B. Sozial- und Schuldnerberatung, Suchtberatung, Migrationsberatung, Schwangerschaftsberatung, Seniorenberatung), die Beratungsdienste der Katholischen Jugendfürsorge (z.B. Erziehungsberatung) und die Ehe-, Familien- und Lebensberatung des Bistums Regensburg. Die Beratung in diesen Diensten ist in der Regel kostenlos und unabhängig von Herkunft und Religion.