Toni Simmel verbringt gerne Zeit mit den Heimbewohnern. Auch bei den Mahlzeiten hilft er gerne mit.Caritas Regensburg
Der Beruf des Altenpflegers hat nicht das beste Image – ob es die Aufgaben betrifft oder das Gehalt. Oft sind Vorurteile schuld, dass immer weniger Bewerbungen von jungen Menschen in Pflegeheimen eingehen und diese händeringend nach Azubis suchen. Ein Glücksfall sind deshalb engagierte Azubis wie Anton Simmel, der seit August 2013 seine Ausbildung im Alten- und Pflegeheim Friedheim in Regensburg absolviert. Der 25-Jährige hat erst über Umwege zum Altenpflegerberuf gefunden: Nach dem Hauptschulabschluss machte er eine Schreinerlehre – und packte danach seinen Rucksack, um für eineinhalb Jahre in Neuseeland und Australien zu verschwinden. Er hat Kiwis gepflückt, auf einem Fischkutter und als Kellner im Hotel gearbeitet, Straßen gebaut und als Gondoliere Touristen geschippert. Später kam er auch an einen Job im Seniorenheim. Als er bei "Work & Travel" ein Praktikum in einem Krankenhaus angegeben hatte, kam er an einen Job in einem Heim. "Die Arbeit war genauso wie im Altenheim bei uns, nur die Landschaft war anders", sagt Simmel lachend. Im Juli 2013 kam er zurück, und im August war er bereits Azubi im Friedheim in Regensburg. "Und es hat mir vom ersten Tag an gefallen, weil mir das Zusammensein mit alten Menschen und ihre Erfahrungen wichtig sind", sagt Anton Simmel. Seitdem ist jeder Tag strukturiert – "und doch ist jede Minute anders, weil das Verhalten der Bewohner sich ständig ändert", sagt der 25-Jährige.
Es geht los mit der Grundpflege um 7 Uhr. "Es gehört dazu, aber mir ist wichtig, dass die Senioren sich dabei wohlfühlen", sagt Simmel, "ich spüre das Schamgefühl der Menschen." Wenn es für eine Frau unangenehm ist, bittet Toni Simmel eine Kollegin, die Wäsche zu übernehmen. Dann folgen Frühstück, Dokumentation, Betreuung und hauswirtschaftliche Tätigkeiten. "Leider dauert die Dokumentation oft zu lange, deshalb bleibt weniger Zeit, sich um die Bewohner zu kümmern", sagt Anton Simmel. Dabei seien die Lebensgeschichten der Senioren doch meist so interessant: "Da verschlägt es mir oftmals die Sprache, vor allem wenn sie im Alter kaum mehr Beachtung bekommen", sagt er, "für die Jungen sind oft andere Sachen viel wichtiger als die eigenen Eltern oder Großeltern."
"Herr Toni" vor dem Friedheim. „Und es hat mir vom ersten Tag an gefallen, weil mir das Zusammensein mit alten Menschen und ihre Erfahrungen wichtig sind.“Caritas Regensburg
Es gibt Wohnbereiche mit leichten Pflegestufen, wo Bewohner sich dann selbst versorgen können. Andere Patienten muss man beim Essen unterstützen und anziehen. Vergessliche oder demente Bewohner werden zum Frühstück in den Speisesaal begleitet. Dann müssen bettlägerige Senioren gelagert werden, damit keine Druckstellen entstehen. Die Pfleger erledigen zwischendurch kleine Aufgaben, wie Wasser holen oder Kleidung wechseln, und sie unterstützen Ärzte und Physiotherapeuten bei ihren Besuchen. Vormittags gibt es Gruppenangebote für die Senioren, dazu müssen sie mit dem Fahrstuhl in die Räume gebracht werden. Vor dem Ende seiner Schicht um 21 Uhr bringt Anton Simmel die Bewohner ins Bett, schaltet den Fernseher ein und fragt, ob sie noch etwas brauchen. "An Feierabend bin ich gar nicht erschöpft", sagt der junge Mann, der nebenbei auch in einer Flüchtlingsunterkunft arbeitet. Klar ist der Job im Pflegeheim nicht für jeden geeignet: Man muss geduldig sein, Einfühlungsvermögen haben und teilweise schnell arbeiten können. Man muss auch damit leben, dass demente Menschen unvermittelt zu schreien anfangen oder die Aufgaben unangenehm sein können. "Ich lerne in diesem Beruf mich selber psychisch und physisch kennen", sagt Simmel, "außerdem nehme ich mich nicht mehr so wichtig, suche den Fehler erst bei mir und gib den anderen das Gefühl, dass sie bedeutend sind".
Zweimal im Monat stehen Wochenenddienste an. "Die Schichtarbeit find ich super, da bleibt immer ein halber Tag frei", sagt Simmel. Bewohner, die keinen Besuch bekommen, besucht er in seiner Schicht öfters. Klar haben Bewohner ihre Lieblingspfleger – und die Pfleger ihre Lieblingsbewohner. "Aber ich mache gern Scherze", sagt Toni Simmel. Trotzdem schaut er zum Beispiel bei den Bewohnern, die er gut kennt und die keinen Besuch bekommen, öfters im Zimmer vorbei und redet mit ihnen. "Ich kann auch gut mit Sterben und Tod umgehen", sagt er. Und sein größter Traum? "Ein eigener Bauernhof für ältere Menschen, mit Hühnern und Pferden, die die Senioren selbst versorgen könnten. So holt man sie zurück ins Leben."