Ist das Lebensende planbar? Wird Planung gar erwartet und der Tod auf Wunsch eine Dienstleistung? Und wie gehen Ärzte und Pflegekräfte damit um?
"Mitarbeiter ringen nach Worten und Selbstreflexion und brauchen eine klare Haltung zum Thema, wenn sie von Patientinnen und Patienten darauf angesprochen werden", so Caritasdirektor Michael Weißmann. "Wir müssen uns als Gesellschaft auf den Weg machen, die uns anvertrauten Menschen zu unterstützen. Das Leben ist schützenswert vom Anfang bis zum Ende." Das Thema, so der Caritas-Direktor birgt Sprengstoff aber es trägt auch das Potenzial für eine neue Sorgekultur.
Erste Adressaten dafür sind neben Betroffenen und Angehörigen die Fachkräfte in Medizin, Pflege und Hospizarbeit. "Es geht uns darum, Menschen zu qualifizieren - nicht nur inhaltlich, sondern auch in Haltung und Persönlichkeit", erklärt Agnes Bachmann, Geschäftsführerin und Leiterin der Katholischen Akademie. Diesen Fragen nachzugehen war Gegenstand der Fachtagung.
Für neue Formen sorgender Beziehungen plädiert Prof. Andreas Heller vom Lehrstuhl für Palliative Care und Organisationsethik an der Universität Graz. Den Weg in den selbstgewählten Tod wird man niemand verbieten können, so Heller. Das Bundesverfassungsgericht hat das in seiner Entscheidung 2020 deutlich gesagt. Daraus dürfe aber keine "Verstaatlichung und Verdienstleistung des Suizids" werden. Vielmehr soll die Diskussion über ein gutes Leben und ein gutes Sterben gleichermaßen in Familien, im Freundeskreis und schließlich in der Gesellschaft geführt werden. Eine Sorgekultur könne erst entstehen, wenn "wir uns mehr füreinander interessieren."
Das Recht auf assistierten Suizid bedeutet nicht automatisch, dass Patienten auch einen Anspruch darauf haben", unterstreicht Dr. Susanne Vogel, Chefärztin der Abteilung für Palliativmedizin am Klinikum Neumarkt. "Ärztinnen und Ärzte haben Sterbenden unter Wahrung ihrer Würde und unter Achtung ihres Willens beizustehen", heißt es in der Berufsordnung der in Deutschland arbeitenden Mediziner. Wie allerdings dieser Beistand aussehen kann, gilt es zu diskutieren. Eine große Angst der Menschen und damit auch ein Motiv für einen Sterbewunsch sei die Selbstbestimmtheit zu verlieren, von anderen abhängig zu sein, gar anderen "zur Last zu fallen". Susanne Vogel sieht neben einer guten Symptomversorgung das wertschätzende Gespräch als eine zentrale Aufgabe ärztlicher Tätigkeit in solchen Situationen.
Gespräche über die Gestaltung des Lebensendes sind als Leistungen in der Sozialgesetzgebung bereits verankert (§132g des SGB V). So sollen die Menschen in Einrichtungen der Altenhilfe über die medizinisch-pflegerische Versorgung und Betreuung in der letzten Lebensphase beraten und Hilfen und Angebote der Sterbebegleitung aufgezeigt werden. Für Dr. Ariane Schroeder, Bildungsreferentin für den Bereich Ethik und Medizin, Philosophin und Organisationsberaterin an der Katholischen Akademie, ist dies eine zentrale Aufgabe. Gesprächsprozesse öffnen Räume, in denen sich die Menschen mit der eigenen Endlichkeit und den individuellen Vorstellungen am Lebensende beschäftigen. Einstellung und Haltung seien wichtig für die Entscheidung darüber, wie sich ein Mensch sein Lebensende vorstellt.
Das Urteil zum § 217 StGB fordert eine gesellschaftliche Auseinandersetzung damit, wie die Öffentlichkeit zu alten und kranken Menschen steht. Einig sind sich die Protagonisten des Fachtags vor allem in einem: Es gehört zu den Aufgaben einer solidarischen Gesellschaft, sich um seine Alten und Kranken zu kümmern. Die Suche nach guten Regelungen nach dem Urteil des Verfassungsgerichts hat erst begonnen.