Von 60 Kindern auf einmal umgeben, ein Gewirr an Stimmen, viele kleine Hände, die anpacken wollen, jeder will mitmachen und der erste sein. Manch eine angehende Erzieherin würde hier vielleicht noch einmal über ihre Berufswahl ins Grübeln kommen. Nicht so die zehn Studierenden der Caritas-Fachakademie für Sozialpädagogik (FakS) in Regensburg. In einem Projekt im "Übungsfach Schulkinder" hatten an zwei Tagen jeweils zehn zukünftige Erzieherinnen die Aufgabe, einen Lern- und Spielnachmittag mit Flüchtlingskindern zu gestalten; und zwar direkt in der Erstaufnahmeeinrichtung für Asylbewerber, dort, wo die Caritas von Anfang an neben der Sozialberatung auch die Kinderbetreuung übernommen hat.
"Keine Bange, ihr könnt nichts falsch machen, sie werden euch alle lieben", macht Ivanka Riedl, Leiterin der Caritas-Kinderbetreuung gleich zu Beginn Mut. Ein wenig aufgeregt waren die Studierenden. Wie würden sie von den Flüchtlingskindern empfangen? Wieviel machen überhaupt mit? Werden sie sich verständigen können? Konzept und Ablauf des Nachmittags wurden zwar mit großem Elan vorbereitet, nun musste sich diese Theorie aber erst in der Praxis bewähren. Der Einstieg ging schnell, die Aufregung war schnell verflogen. Eine Aufwärmphase entfiel, die 60 Buben und Mädchen überrollten die Studierenden förmlich mit ihrer Begeisterung und Motivation. Schnell war klar: Die größte Herausforderung würde es werden, inmitten einer Traube von fröhlichen Kindern die vielen kleinen Hände für den Transport der Materialien und Kuchen zu koordinieren. "Die Kinder hätten am liebsten alles auf einmal ausprobiert", sagte eine Studierende. Die Kleinen mischten sich bei den Großen ein, die Älteren wollten bei den Spielen für die Jüngeren mitmachen oder auch nur einen Ball zum Kicken ergattern! Ohne Sprache, nur mit Händen und Füßen, lassen sich Spiel- und Verhaltensregeln aber kaum erklären. Und die Aufteilung in Altersstufen war praktisch nicht zu organisieren. Doch die angehenden Erzieherinnen und Erzieher bewiesen, dass sie spontan und flexibel sein können.
Lernbegierige und hilfsbereite Kinder
Es wurden sogleich Angebotsinseln gebildet. Dort fand jedes Kind seine Rolle! "Kunstgalerie-Chef" Bilim sorgte dafür, dass die selbst gestalteten "Murmelbilder" trocknen konnten. Ein Inline-Skater fuhr Slalom durch den bunten Plastikflaschen-Parcour und wurde bei jedem Versuch besser. Die selbst bemalten "Tic-Tac-Toe-Bretter" spiegelten in ihrer Farbgebung die Freude der kreativen Kinder wieder. Mit leuchtenden Augen gestalteten wieder andere die Röhren für ihre "Regenmacher". Und es ging auch andersrum: ein syrisches Mädchen brachte den Betreuern ein ziemlich vertracktes Klatschspiel bei. "Die Kinder waren total hilfsbereit, gaben aufeinander Acht und sorgten füreinander", so die Studierenden. Dankbar für jede Form der Zuwendung, nahmen die Kinder die jungen Betreuer an die Hand und holten die wenigen Wörter hervor, die ihr Deutsch hergab. "Die Mädchen und Buben sind begierig zu lernen, pädagogisches Engagement fällt hier auf einen fruchtbaren Boden", sagte Elisabeth Schinner, Dozentin und Projektleiterin.
Chance für praxisnahe Ausbildung
Der erste Tag war ereignisreich und voller nachhaltiger Eindrücke für alle. Das Ziel, nicht nur Besucher zu bleiben, sondern zu Partnern der Flüchtlingskinder zu werden und deren Erlebnisse zu teilen, wurde erreicht. Dennoch musste für den zweiten Nachmittag das Konzept ein wenig nachgebessert werden. Das modifizierte pädagogische Angebot erwies sich am zweiten Tag als sehr brauchbar. Dabei ging es vor allem darum, die heterogenen Gruppen stärker zu differenzieren und mehr Individualität und Ruhe ins Geschehen zu bringen. Zugute kam den Betreuern dabei, dass auch die Innenräume der Regensburger Erstaufnahmeeinrichtung genutzt werden konnten. "Die beiden Nachmittage waren für alle bereichernd, natürlich auch für unsere Studierenden", sagte Schinner. Die Erzieherinnen werden später im Beruf immer wieder auch Kindern und Eltern anderer Herkunft und Kultur begegnen. Deshalb gebe es bei einem solchen Projekt, in Zusammenarbeit mit der Kinderbetreuung der Caritas in der Erstaufnahmeeinrichtung, auf allen Seiten nur Gewinner.
Zusatz-Info 1: Asylsozialberatung
"Ich bin sehr dankbar, dass die Caritas hier ein Teil des guten Ablaufs sein wird", betonte Bayerns Sozialministerin Emilia Müller bei der Eröffnung der Erstaufnahmeeinrichtung für Asylbewerber in Regensburg. Mit zwei Fachkräften ist die Caritas dort vor Ort. Mit drei Mitarbeiterinnen stellt sie außerdem die Kinderbetreuung sicher. Mehr zur Arbeit der Caritas für Flüchtlinge: www.caritas-regensburg.de.
Zusatzinfo: Kirchliche Fachakademie für Sozialpädagogik Regensburg
Die Regensburger Caritas-Fachakademie für Sozialpädagogik wurde 1971 gegründet. In drei, vier oder fünf Jahren, je nach Zugangsvoraussetzungen, kann man dort die Ausbildung zur/m "staatlich anerkannte/n Erzieher/in" absolvieren. Weitere Infos: www.faks-regensburg.de