Monika Kortus, Johannes Bacher und Sabine Bäuml (v.l.) bilden das Team der Sozialen Schuldner- und Insolvenzberatung der Caritas Regensburg. Agentur Burcom, Regensburg
Leuchtende Kinderaugen, das strahlende Lachen eines Kindes, unbeschwertes Leben, behütet von liebenden Eltern. Fest steht, die Realität sieht leider häufig anders aus. Gründe, warum Kinder keine unbeschwerte Kindheit haben, gibt es viele. Die bundesweite Aktionswoche "Chancenlose Kinder? Gutes Aufwachsen trotz Überschuldung" beschäftigt sich mit einem weit verbreiteten Problem: der Überschuldung von Eltern. Die bundesweite Aktionswoche Schuldnerberatung findet vom 25. bis 29. Mai 2020 statt und stellt die Kinderrechte in den Mittelpunkt.
Das Team der Caritas Schuldnerberatung hilft
Was bedeutet es für Kinder, wenn die Eltern überschuldet sind? Bekommen sie die Probleme mit oder können Eltern es vor ihnen verbergen? "Kinder leiden unter den Folgen der Überschuldung in vielerlei Hinsicht", sagt die Diplom-Pädagogin Monika Kortus. Zusammen mit Sabine Bäuml und Johannes Bacher bildet sie das Team der Sozialen Schuldner- und Insolvenzberatung des Caritasverbandes Regensburg. Sie haben täglich mit Menschen zu tun, die bei der Bewältigung ihrer Schulden und der daraus entstandenen Situation Hilfe suchen. In der Regensburger Caritas-Beratungsstelle waren 2019 in 41 Prozent der Fälle Kinder betroffen. "Kinder können nicht vor den Problemen, die ein Schuldenberg mit sich zieht, isoliert werden. Drucksituationen, wie die Angst vor dem Wohnungsverlust oder der Pfändung, spüren Kinder ganz deutlich", so Kortus. Die drei Sozialberater der Caritas zeigen auf, dass Überschuldung keine gesellschaftlichen Schichten kennt. Nahezu jeder kann in diese Situation geraten. Auslöser können beispielsweise Krankheit, Jobverlust oder die Trennung vom Partner sein. Gerade letzteres sei immer häufiger der Grund, warum Menschen plötzlich vor dem finanziellen Ruin stehen. "Das Wichtigste dabei ist, den Betroffenen zu helfen, ihre Würde wieder zurückzubekommen", sagt Sabine Bäuml. Denn für die Sozialpädagogin geht es oft um die Frage: Wie finanziere ich meinem Kind die notwendige Brille oder Zahnspange und wie ermögliche ich es, dass es an der Klassenfahrt teilnehmen kann? "Natürlich würden viele dieser Leistungen irgendwann zurückerstattet. Bis dahin müssen die Eltern aber in Vorleistung gehen. Das geht aber nicht, wenn sie nicht mehr wissen, wie sie das alles bezahlen sollen." Für Kinder werden diese Abwägungen und die daraus resultierenden Sorgen im Laufe der Zeit zum "normalen" Alltag.
Auch Kinder sind verschuldet
Was auf den ersten Blick unmöglich klingt, ist durchaus Realität. "Es gibt nur wenig Gründe, warum bereits Kinder verschuldet sein können. Meist liegt es jedoch an Ansprüchen beispielsweise des Jobcenters, die zu viel gezahltes Geld zurückfordern", erklärt Kortus. Häufig sei dies bei Familien der Fall, die teilweise von staatlichen Leistungen und einem niedrigen Einkommen gleichermaßen leben. Hier sind die Berechnungen der zustehenden Leistungen dann zumeist noch unübersichtlicher. "Nach Monaten erhalten diese Bedarfsgemeinschaften einen Bescheid vom Jobcenter, mit der Aufforderung, eine Rückzahlung zu leisten. Werden diese Zahlungen nicht geleistet, weil das Geld dazu fehlt, werden die Schulden gleichermaßen auf alle Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft verteilt." So also auch auf das Kind oder die Kinder der Familie. Pfändbar ist diese Schuld gegenüber einem Kind erst ab dem 18. Lebensjahr. "Hier gilt es, dass Jugendliche zeitnah zur Volljährigkeit den Erlass dieser Schulden beantragen", meint Bäuml. Ansonsten startet diese Generation mit Schulden in die Volljährigkeit.
Schuldenfreiheit nach der Volljährigkeit
Eine klare Forderung der bundesweiten Arbeitsgemeinschaft ist die Schuldenfreiheit bei Erreichen der Volljährigkeit. Immerhin können Kinder und Heranwachsende nichts für die Schulden, die auf ihnen lasten. "Dass hier der oder die Betroffene selbst aktiv den Schuldenschnitt beantragen muss, ist so nicht hinnehmbar. Hinzu kommt eine frühe finanzielle Allgemeinbildung. Kinder müssten im Schulunterricht bereits den Umgang mit Finanzen erlernen und vor allem für die bestehenden Gefahren sensibilisiert werden." so Bacher. Auch die Vielzahl staatlicher Leistungen für Kinder und Familien gehen nach Ansicht der Arbeitsgemeinschaft an Menschen am sozialen Rand vorbei. "Diese Leistungen werden bei Bezug von Arbeitslosengeld II verrechnet. Doch gerade für diese Familien oder Alleinerziehenden wäre jeder Cent eine echte Entlastung", erklärt Bäuml.
Änderung der Finanzierung
Die Schuldnerberater der Caritas in Regensburg treten mit viel Überzeugung für Menschen ein, die oft keinen Ausweg mehr kennen. Ihnen ist die niederschwellige Möglichkeit der Kontaktaufnahme sehr wichtig. Gerade die Onlineberatung ermöglicht es Hilfesuchenden, anfangs auch anonym mit dem Team ins Gespräch zu treten. Dabei ist jedoch wichtig: "Der oder die Hilfesuchende muss selbst die Initiative ergreifen. Kontaktaufnahmen von Angehörigen oder Freunden sind kein passender Einstieg. Es muss aus der Überzeugung heraus passieren, dass Hilfe benötigt wird. Schulden sind ein schambehaftetes Thema in unserer Gesellschaft, aber jeder von uns nimmt sich dem Menschen und seiner Probleme an und verurteilt ihn nicht dafür. Wir helfen und dafür brauchen wir die Offenheit und Bereitschaft." erklärt Monika Kortus. Dass das Team heute drei Mitglieder zählt, ist unter anderem der neuen Finanzierung der Insolvenzberatung durch die Delegation der Landesmittel auf die Kommunen zu verdanken. Galten seit 1999 die immer gleichen Fallpauschalen gibt es nun eine für Kommunen einwohnerabhängige Fixfinanzierung. Seither konnte das Team durch die Kooperationsvereinbarungen mit Stadt und Landkreis Regensburg sukzessive auf drei Berater anwachsen. Als anerkannte Stelle begleitet die Schuldnerberatung der Caritas die Menschen in und durch ihr Privatinsolvenzverfahren.
Kein Job wie jeder andere
"Es ist einfach schön, dass es in unseren Beratungen viele Schritte gibt, bei denen sofort ein positiver Effekt für die Ratsuchenden eintritt. Den Menschen Ängste nehmen zu können, ist ein tolles Gefühl", beschreibt Johannes Bacher die Arbeit. Für Sabine Bäuml sind gerade Fälle, in denen Kinder betroffen sind, emotionaler, seit sie selbst Mutter ist. Zu sehen, wie Menschen mit ihrer Hilfe den Weg aus der Aussichtslosigkeit finden, ist für alle drei die größte Motivation. "Ich erinnere mich an einen Vater, den ich durch seine Überschuldung begleitet habe und der eines Tages kam und sagte, dass er erstmals mit seinem Kind zum Baden in ein Freibad gehen konnte", sagt Monika Kortus mit bewegter Stimme. Schulden sind bei vielen Menschen existent. Gefordert sind alle, vom Staat bis zum Schuldner selbst, dafür zu sorgen, dass es Wege aus der Krise gibt. Die Schuldnerberatung des Caritasverbandes in Regensburg ist unter Telefon 0941/502 11 14 oder online zu erreichen.
Das Positionspapier der Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung der Verbände finden Sie hier.