Bischof Rudolf Voderholzer beim Pontifikalamt im Dom zum Jubiläum "75 Jahre Caritas Krankenhaus St. Josef"Foto: H.C. Wagner
Predigt von Bischof Rudolf Voderholzer zur Messfeier 75 Jahre Caritas-Krankenhaus St. Josef am Sonntag, 5. Oktober 2025, im Dom zu Regensburg:
Liebe Schwestern und Brüder im Herrn!
In diesem Jahr 2025 häufen sich in der katholischen Kirche die Jubiläen:
1700 Jahre Konzil von Nizäa mit der verbindlichen Festlegung des Glaubensbekenntnisses. Vor 14 Tagen haben wir hier in ökumenischer Verbundenheit dieses Ereignisses besonders gedacht.
In Regensburg: 1050 Jahre Domspatzen, gegründet im Jahr 975 durch Bischof Wolfgang. 1050 Jahre Glanz und Schönheit der Liturgie, Formung, Bildung junger Menschen im Geist des Evangeliums.
Und nun heute 75 Jahre Caritas-Krankenhaus St. Josef. 75 Jahre Menschlichkeit, Kompetenz, Gemeinschaft.
Mit diesen drei Jubiläen sind die drei tragenden Säulen der Kirche repräsentiert:
Mit dem Konzil von Nizäa die Martyria, das Bekenntnis des Glaubens.
Mit dem Domspatzen-Jubiläum die Liturgie, die festliche Feier des Glaubens in der Liturgie, im Gottesdienst der Kirche.
Und im Blick auf unser Caritas-Krankenhaus: die Diakonia, die Nächstenliebe, unsere Sorge für die Armen und die Kranken. Im Verbund mit zahlreichen Beratungs- und Hilfsprojekten, der Sorge für Migranten und Obdachlose, Alten- und Pflegeheimen, mit dem erst kürzlich eingeweihten Frauenhaus in der Ostengasse und vielem mehr ist das Krankenhaus St. Josef sozusagen das Flaggschiff, das sich mit Kelheim und Donaustauf noch zwei weitere Boote dazugeholt hat.
Dass die Caritas dabei mit 75 Jahren im Vergleich mit 1700 Jahren und 1050 Jahren zahlenmäßig schmalbrüstig daherkommt, ist reiner Zufall. Aufs Ganze gesehen ist die Sozialfürsorge der Kirche genauso alt und tragend wie das Bekenntnis des Glaubens und seine Feier. Jede der drei Säulen ist wichtig, und ohne die Caritas würde das Gebäude zusammenstürzen. Alle Studien und Umfragen zeigen sogar, dass - von außen betrachtet - die Caritas, unsere Sorge für die Kranken und Hilfesuchenden aller Art mit Abstand die größte Anerkennung findet auch in einer säkularen, der Botschaft der Kirche oft entfremdeten Welt. Die Kirche, sie zeigt besonders in der Caritas ihr menschliches und menschenfreundlichstes und damit auch werbendes Gesicht.
Der Aufbau einer Armenfürsorge und eines Gesundheitswesens gehörte von Anfang zum Markenkern einer christlich geprägten Kultur. Unverdächtiger Zeuge dafür ist schon Kaiser Julian Apostata aus der Mitte des vierten Jahrhunderts, der im Rahmen seiner kurzzeitigen Bemühungen um eine Repaganisierung des Römischen Reiches in den Jahren 360 bis 362 in einem Brief an den römischen heidnischen Oberpriester durchaus selbstkritisch feststellte: "Schon bei den Juden, gibt es keinen, der bei uns Römern versorgt werden müsste, weil sie sich um die Ihren kümmern. Und die Christen ernähren neben den Ihren auch noch die Unsrigen …"
Das gilt für die Gesamtkirche ebenso wie für die Kirche von Regensburg. Zeitgleich mit der Kathedrale wurden vor der Stadt die Spitäler gebaut. Bis heute gibt es das Katharinenspital. Das Domkapitel hat in der Ostengasse schon im 17. Jahrhundert ein Spital betrieben.
Ordenschristen vor allem waren es, die die Krankenpflege professionalisierten. Die Heiligen Camillus von Lellis, Vinzenz von Paul und viele andere wären zu nennen. Ein barmherziger Bruder, der selige Eustachius Kugler, hat vor über 100 Jahren in Regensburg die moderne Krankenhaustradition begründet, und das Caritas-Krankenhaus reiht sich ein in diese große Geschichte. Und die heilige Mutter Teresa von Kalkutta hat in der indischen Großstadt die Kranken und Sterbenden auf der Straße aufgelesen und so gut es ging versorgt.
Tiefster Grund und Auftraggeber ist dabei unser Herr Jesus Christus selbst, der gekommen ist, als Arzt für Seele und Leib im Volk die Krankheiten und Leiden zu heilen.
Heute haben wir im Evangelium seine Zuwendung zu den Aussätzigen gehört. Ihre Krankheit galt in jener Zeit als unheilbar, und man meinte sich vor ihr nur durch die Isolation der Betroffenen, ihren Ausschluss aus der Gesellschaft schützen zu können. Jesus übertritt das Kontaktverbot, lässt sich betreffen, anerkennt aber zugleich die medizinische Aufsichtsbehörde, indem er die Kranken zu den Priestern schickt, die allein die Genesung anerkennen durften, die in ihrem Fall ja einer Totenauferweckung gleichkam und mit der Rückkehr ins Leben der Gemeinschaft verbunden war.
Einer, ein einziger, ausgerechnet ein Samariter, ein Angehöriger der von Jerusalem getrennten Volksgruppe, kehrt um, um zu danken. Und er darf spüren, dass er eben durch diesen Dank und die Anerkennung Jesu Christi, erst wirklich, und zwar an Leib und Seele gesund wurde, indem er seinen Retter erkannt und ihm auf den Knien gedankt hat.
Dieser Jesus, er identifiziert sich im großen Gerichtsgleichnis, das uns der Matthäus-Evangelist (im 25. Kapitel) überliefert, mit den Kranken, Hungernden und Gefangenen.
"Ich war krank, und ihr habt mich besucht.
Ich war hungrig, und ihr habt mir zu essen gegeben.
Ich war im Gefängnis, und ihr seid zu mir gekommen."
Wie das, o Herrn, fragen die solcherart Gelobten, und dürfen hören:
"Was ihr dem Geringsten meiner Schwestern und Brüder getan habt, das habt Ihr mir getan."
Sein Heilungs- und Rettungswerk vollendet der Herr freilich nicht, indem er die Not der Welt von außen beseitigt, sondern indem er sie auf sich nimmt und von innen her - wohl auf die allein nachhaltige Weise - heilt.
Er lässt sich nämlich selbst zum Aussätzigen machen, der vor den Toren der Stadt, übersät mit den Wunden der Geißelung, als König der Juden und Heiland der Welt gekreuzigt wird.
"Durch seine Wunden sind wir geheilt" - so wird schon im Buch des Propheten Jesaja der Gottesknecht geheimnisvoll gerühmt, und im Ersten Petrusbrief wird dies als in Jesus in Erfüllung gegangen bezeugt.
Deshalb auch haben wir in jedem Krankenzimmer ein Kreuz, das allen Kranken und auch den Pflegenden und den Ärztinnen und Ärzten seine Rettungstag vor Augen stellt.
Liebe Verantwortliche im Diözesen-Caritas-Verband,
liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Caritas-Krankenhauses St. Josef, ich danke Ihnen von Herzen für Ihren Dienst an den Kranken, für Ihren Dienst am Leben - ich denke an die Geburtsstation.
Mit ihrer an den von Ihnen selbst so benannten Grundsätzen der Menschlichkeit, Kompetenz und Gemeinschaft orientierten wertvollen Arbeit vervollständigen sie den Dreiklang des kirchlichen Lebens von Zeugnis, Liturgie und Caritas. Auf die Fürsprache Ihres Patrons, des heiligen Josef, erbitte ich Ihnen alles erdenklich Gute, vor allem Gottes Segen für ein gutes Arbeitsklima, Kraft und Ausdauer für den oft außerordentlich herausfordernden Dienst, Glaubenskraft und Liebe aus der Verbundenheit mit Christus, dem Arzt für Seele und Leib. Als gelegentlicher Patient und Vorsorge-Kandidat weiß ich mich bei Ihnen in den besten Händen, und ich freue mich auf den vorweihnachtlichen Besuch, wenn ich wie schon seit ein paar Jahren der Brauch, durch die Stationen gehe und die Patientinnen und Patienten besuche, die über Weihnachten im Krankenhaus bleiben müssen, zu danken aber auch allen, die über die Feiertag Dienst tun.
Liebe Schwestern und Brüder im Herrn!
Mit dem Hinweis auf die zahlreichen Jubiläen in diesem Heiligen Jahr 2025 haben ich begonnen.
Ich schließe mit der Erinnerung auf einen weiteren Gedenktag: Heute, heute auf den Tag genau vor 100 Jahren starb in Mindelstetten, schon damals im Ruf der Heiligkeit, Anna Schäffer.
Sie wollte als junges Mädchen ihre ganze Glaubensfreude und ihren jugendlichen Elan einsetzen für die Mission, Ordensschwester werden und das Evangelium fern der Heimat bezeugen bei Menschen, die von Jesus nichts gehört hatten.
Es kam anders. Während sie in Stellung arbeitete, um sich die Aussteuer für den Klostereintritt zu verdienen, kam es am 4. Februar 1901 zu einem fürchterlichen Arbeitsunfall. Weil sie ein Ofenrohr geraderichten wollte, kletterte sie auf den Rand eines mit siedender Lauge gefüllten Kessel, rutschte ab und verbrühte sich die Beine derart, dass sie nicht mehr zu heilen waren, dass alle ärztliche Kunst vergeblich war.
Nach einem heftigen inneren Ringen mit ihrem Schicksal ergab sie sich schließlich und lernte im Leiden Christus den Herrn noch einmal vollkommen neu kennen. Fast 25 Jahre brachte sie pflegebedürftig in ihrem Krankenzimmer zu und wurde für ungezählte Ratsuchende Menschen eine Quelle des Trostes und eine Zeugin des Glaubens, eine Missionarin.
In den Unterlagen zur Heiligsprechung findet sich auch eine Aussage eines Arztes aus Riedenburg, der kurzzeitig während des Ersten Weltkrieges, seinen Kollegen in Mindelstetten vertrat. Seiner Tochter muss er gesagt haben: Wenn Du eine Heilige erleben willst, dann musst Du morgen mitkommen an ihr Krankenbett. - So ist sie für uns alle nicht nur eine Zeugin des Glaubens, sondern auch ein Zeichen der Hoffnung geworden. Für die Kranken ein Vorbild der Geduld.
Neben dem heiligen Josef und dem seligen Eustachius Kugler dürfen wir sie als Patronin und Fürsprecherin auch in allen Anliegen der Caritas, besonders auch in den Anliegen des Krankenhauses St. Josef anrufen."
Heiliger Josef, seliger Eustachius Kugler, heilige Elisabeth, heilige Anna Schäffer und alle Heiligen der Nächstenliebe, bittet für uns, Amen.