"team": Das Team der Weidener Suchtambulanz mit Leiterin Katjenka Wild (4.v.r.), Caritas-Abteilungsleiter Dr. Stefan Gerhardinger (rechts) und Caritasdirektor Michael Weißmann (2.v.r.).Caritas Regensburg/Weigl
Wer nach etwas verlangt, wider jede Vernunft, gilt als süchtig. In Weiden hilft die Caritas seit 50 Jahren Menschen mit Suchtproblemen, egal ob es sich dabei um Alkohol, Medikamente oder Glücksspiel handelt. Hochgerechnet 15 000 Frauen und Männer aus der Stadt Weiden und dem Landkreis Neustadt/WN erhielten seither dort Hilfe und Beratung. Das Goldene Jubiläum feierte die Fachambulanz für Suchtprobleme nun mit Gottesdienst und Festakt in der Weidener Pfarrei St. Josef. Gäste aus Politik und Gesellschaft sowie Vertreter von Kooperationspartnern in der Suchthilfe waren der Einladung zu den Feierlichkeiten gefolgt.
"Die Menschen, die in unsere Beratungsstelle kommen, haben am eigenen Leib oft heftige Erfahrungen gemacht. Es geht um Suchtprobleme mit Alkohol, Nikotin, illegalen Drogen, Glücksspielen, Essstörungen und andere Abhängigkeiten. Sucht kann so stark einschränken, dass man auf die Idee kommen könnte, das eigene Leben, das jetzt noch vor einem liegt, ist nichts mehr wert", sagte Michael Weißmann in seiner Predigt beim Festgottesdienst. Das Gefühl, als Mensch nichts mehr wert zu sein, könne schnell schwermütig machen. Viele Menschen gingen in den vergangenen 50 Jahren in Weiden durch Phasen tiefer, seelischer Depression, wenn sie oder indirekt auch ihre engsten Angehörigen von einer Suchterkrankung betroffen waren. Diese Menschen haben "an unserer Beratungsstelle dann ganz andere Erfahrungen gemacht". Sie erkannten, dass sich in dieser Beeinträchtigung auch Möglichkeiten für Neues auftun können, so der Regensburger Caritasdirektor.
Flächendeckendes Angebot
Bereits seit mehr als 90 Jahren ist die Caritas in der Diözese Regensburg in der Suchthilfe tätig. 1967, ein Jahr bevor Alkoholismus sozialrechtlich als behandlungsbedürftige Krankheit anerkannt wurde, ist in Weiden die "Beratungsstelle für Suchtkranke" in Trägerschaft des Caritasverbandes für die Diözese Regensburg e.V. eingerichtet und mit einem Sozialarbeiter besetzt worden. Ein Sozialarbeiter vermittelte Betroffene in stationäre Therapien oder in Selbsthilfegruppen des Kreuzbundes. Ab 1976 bot die Beratungsstelle in Weiden zusätzlich ambulante Behandlungsprogramme an. Und fünf Jahre später wurde aus der halben Stelle dann ein Dienst, in der zwei Diplom-Sozialpädagogen, eine Diplom-Psychologin und eine Verwaltungsangestellte arbeiteten. Erst 1993 wurde die Caritas-Beratungsstelle dann umbenannt in "Fachambulanz für Suchtprobleme". Heute sind dort insgesamt neun Mitarbeiter beschäftigt. Zwischenzeitlich habe sich die Suchthilfe der Caritas zu einem flächendeckenden Beratungs- und Behandlungsangebot in allen Regionen Ostbayerns entwickelt. "Die Fachambulanz in Weiden ist ein wichtiger Teil davon", so Weißmann.
"Prominente" (v.l.n.r.): Kurt Seggewiß, Lothar Höher, Katjenka Wild, Hilde Rainer-Münch, Stefan Bürkle, Dr. Markus Wittmann und Michael Weißmann.Caritas Regensburg/Weigl
Prominente Gratulanten
Bezirkstagsvizepräsident Lothar Höher und Weidens Oberbürgermeister Kurt Seggewiß betonten die Wichtigkeit dieses Caritas-Angebotes für die Stadt, den Landkreis und die gesamte Region. "Der Bezirk investiert insgesamt 2,5 Millionen Euro in die ambulanten Suchthilfe-Dienste", sagte Höher. Sie seien eine notwendige Ergänzung zu den stationären Einrichtungen. Beide politisch Verantwortlichen dankten auch für die stets gute Zusammenarbeit. Dr. Markus Wittmann, Ärztlicher Direktor des medbo Bezirksklinikums Wöllershof, gratulierte zum Jubiläum und erläuterte, wie wichtig die Vernetzung von ambulanten und stationären Angeboten in der Suchthilfe für Patienten und Klienten sei. Hilde Rainer-Münch vom Landes-Caritasverband Bayern und Stefan Bürkle, Geschäftsführer des Bundesverbands der Suchthilfeeinrichtungen im Deutschen Caritasverband e.V. (CaSu), bekräftigten diesen Gedanken. Sie dankten für die gute Arbeit, die in Weiden und der Oberpfalz in der Suchthilfe geleistet wird. "Die Fachambulanz in Weiden sticht hier bayernweit immer positiv heraus", so Rainer-Münch.
Die über 90-jährige Ria Amann, Sekretärin der ersten Stunde, wurde von Caritasdirektor Michael Weißmann beim Festakt mit einem Blumenstrauß überrascht.Caritas Regensburg/Weigl
Vielfältiges Angebot
Abhängigkeit hat viele Formen: Betroffene verlangen – wider jede Vernunft – nach übermäßigem Alkohol, nach illegalen Drogen oder Medikamenten. Aber auch zu Essstörungen, Medien- oder Glücksspielsucht werden Frauen und Männer an der Caritas-Fachambulanz für Suchtprobleme in Weiden beraten und behandelt. Beim Festakt im Pfarrsaal bedankte sich Michael Weißmann ausdrücklich bei allen Mitarbeitern der vergangenen Jahre für deren wertvolle Arbeit. Stellvertretend dafür erwähnte er den langjährigen Leiter Gerhard Krones sowie die aktuelle Chefin der Weidener Suchtberatung Katjenka Wild. Eine Abhängigkeit sei meist nur die Spitze eines Eisbergs von vielen Problemen, so Weißmann. Dahinter würden sich oft auch seelische Probleme verbergen. Viele Suchtkranke hätten mithilfe der Fachambulanz ihre Abhängigkeit überwunden, andere wären durch die Präventionsarbeit der Suchtberater für das Thema sensibel geworden.
Gemeinsam Auswege suchen
"Im Laufe der Jahrzehnte haben sich die Aufgaben der Fachambulanz gewandelt", sagte Katjenka Wild. Das Angebot richte sich immer auch nach den Nöten der Betroffenen. Während in den 80er Jahren die Tabuthemen Alkoholismus und Cannabissucht im Mittelpunkt der Arbeit standen, begegneten den Suchtexperten mit der Jahrtausendwende neue Themen wie Crystal-, Medien- oder Glücksspielsucht. Bei Einführung der offenen Sprechstunde im Jahr 2015 lautete die Schlagzeile "Schnelle Hilfe für Süchtige": ein Erfolg, der die Arbeit der Fachambulanz widerspiegele. "Bei allen Herausforderungen und Aufgaben der Suchthilfe geht es im Kern aber stets darum, den Betroffenen eine Anlaufstelle zu bieten, mit Rat und Hilfe da zu sein und gemeinsam mit ihnen Wege aus der Sucht zu finden", sagte Wild, Leiterin der Weidener Caritas-Suchthilfe.
Zusatzinfo: Suchthilfe der Caritas
Informationen zur Arbeit der Caritas-Suchthilfe in der Diözese Regensburg gibt es im Internet auf www.suchthilfe-ostbayern.de. Die Fachambulanz für Suchtprobleme in Weiden, Nikolaistraße 6, ist erreichbar unter der Telefonnummer 09 61 / 389 14 33 oder per E-Mail: beratung@caritas-suchtambulanz-weiden.de. Eine Beratung ist kostenfrei.